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Wie Frauen arm gemacht werden

Im nächsten MikroBuch besprechen Anna, Marco und Barbara das Buch «Das weibliche Kapital.» (Hanser-Verlag, 2020). Es stammt von Linda Scott, die emeritierte Professorin für Entrepreneurship und Innovation an der Universität Oxford ist. Ziel des Buches ist, das Potenzial weiblicher Wirtschaftsaktivitäten – Scott prägt dafür den Begriff der «XX-Economy» –  aufzuzeigen. Denn Gleichberechtigung bringt Wohlstand.

Eine Geschichte von Unterdrückung und Enteignung

Wer das Buch zur Hand nimmt, ahnt schnell, dass sich in ihm viele bekannte Geschichten finden. Denn es ist allgemein bekannt, dass Männer seit Jahrtausenden die wirtschaftlichen Ressourcen kontrollieren und Frauen in ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten unterdrücken. All Formen der Diskriminierung von Frauen als Wirtschaftssubjekte in geballter Form versammelt zu finden, ist dann aber doch eine sehr schmerzliche Lektüre. Wie meinte Marco im Chat kurz nach Beginn der Lektüre: «ein WTF nach dem anderen».

Fakten und Anekdoten

Linda Scott holt für die Darstellung der Faktenlage weit aus. Anhand zahlreicher empirischer Studien zeigt sie, woher diese Diskriminierung kommt und in welchen Facetten sie auftaucht. Denn je nach Region und Kultur nimmt die Diskriminierung andere Formen an. In einigen Teilen der Welt werden junge Frauen bereits dadurch von Schule und Weiterbildung ausgeschlossen, dass sie sich keine Monatsbinden leisten können. In anderen Teilen der Welt geht es darum, dass Frauen kein Eigentum erwerben oder ein Erbe antreten dürfen. Bei uns sind Gender Pay Gap und finanzielle Diskriminierung der Care-Tätigkeiten ein relevantes Thema. Scott reichert die anthropologischen und wirtschaftlichen Studien immer wieder durch persönliche Erfahrungen aus ihrer Feldforschung an.

Market feminism

Da es Scott darum geht, diese Formen der Diskriminierung zu überwinden, geht sie ausführlich auf mögliche Auswege aus dieser Situation ein. Ihr Hauptargument ist dabei, dass wirtschaftliche Aktivitäten von Frauen zum Wirtschaftswachstum beitragen und dadurch global helfen, Armut und Unterentwicklung abzubauen. Sie nennt das denn auch mal «market feminism».

Wie soll das gehen?

Im letzten Kapitel zeigt sie handlungsorientiert Lösungsmöglichkeiten auf den unterschiedlichen Ebenen politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme auf. Als US-Amerikanerin widmet sich der erste Teil des Abschlusskapitels den Prioritäten, die sie in den USA ansetzen würde. Dazu gehören u.a. ein Schuldenerlass für Studiendarlehen an Frauen, universelle Kinderbetreuung oder eine Umgestaltung der Arbeitsverträge in Richtung Lohntransparenz. Sie geht aber auch darauf ein, was sich global in Wirtschafts- und Finanzpolitik ändern müsste, damit Frauen am wirtschaftlichen Leben gleichberechtigt teilhaben können. Einfach mal daran denken, dass es auch Frauen gibt, ist einer ihrer Tipps. Nicht zuletzt präsentiert sie auch eine Reihe von Vorschlägen, wie jedes Individuum dazu beitragen kann, dass sich die XX-Economy weiterentwickelt, sei es im eigenen Arbeitsumfeld oder im Konsumverhalten.

Diskussion

Linda Scott selbst fasst ihr Buch in folgendem Appell zusammen:

Die Ablösung dieser Ethik der Herrschaft durch eine Ethik des Teilens verlangt nichts weniger als einen Sprung in der sozialen Evolution unserer Spezies. Doch Beweglichkeit ist unsere größte Stärke. Wir schaffen das.

(Linda Scott. Das weibliche Kapital, Hanser, S. 350f.).

Was meint Ihr dazu? Wie realistisch und wünschenswert sind Scotts Lösungsvorschläge? Wir konnten diese Vorschläge hier nur andeuten. Findet ihr die Ideen so relevant, dass Ihr das Buch lesen würdet, um ihre Vorschläge besser verstehen und einordnen zu können?

Wir werden unsere Gedanken und Ideen zu Linda Scotts XX-Economy im MikroBuch26 besprechen. Wenn Ihr mitdiskutieren möchtet, könnt Ihr das Buch hier bestellen. Einen guten Einblick in ihre Denkweise gibt Linda Scott auch in diesem kurzen Video mit Management-Redakteur Andrew Hill von der Financial Times: https://www.ft.com/video/57a1f590-65dc-3404-828e-d2e320d5b6d2

Wir danken dem Hanser-Verlag für die Bereitstellung kostenloser Rezensionsexemplare.

Barbara Bohr
Barbara Bohr

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