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Marco Herack
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erfrischend fruchtig, Zitrusnote, alkoholfreies Bier mit Charakter (eine Seltenheit an sich)
Intro-Music: Title: “Femme Fatale: 30a”; Composer: Jack Waldenmaier; Publisher: Music Bakery Publishing (BMI)

3 Comments

  1. Titus von Unhold Titus von Unhold

    Schon in der letzten Ausgabe fand ich Hannahs Ausführungen zum Wunschzettel der Wirtschaft etwas unkritisch, konnte aber nciht genau formulieren warum und was. Jetzt allerdings schon, dafür sogar mit umfassend langem Schwafelanteil. ^^

    Beim Thema Fachkräftemangel fehlt mir die Differenzierung. Das Handwerk z. B. ist extrem vielfältig, neben den Bau- und Ausbauberufen gibt es auch das Lebensmittelhandwerk, Frisöre, Korbflechter, Orgelbauer, Orthopädie- oder Zahntechniker, usw.. Aber auf den ersten Blick fällt auch dem unbedarften Laien auf dass, wenn sich 30 Prozent der unter 25 jährigen (auch aus ethischen Gründen) vegan oder vegetarisch ernähren und ständig Tierschutzskandale durch die Medien gehen, niemand Metzger oder Schlachter werden will. Dazu kommen Sozialprestige und Co. Das BiBB hat dazu 2019 in einem Bericht zusammen gefasst warum Berufe nicht gewählt werden. Imo eine dringende Leseempfehlung:

    https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/9795

    Andere Berufe wiederum sind attraktiv, leiden aber selbst bei den Willigen unter den seit 25 Jahren stagnierenden Löhnen. Insbesondere Metall und Elektrogewerke bilden mehr oder minder nur für die Industrie aus. Dazu gibt es eine sehr gute Studie des IfH Göttingen aus 2016, die sich vor allem über den Befragungszeitraum und die Größe der Gruppen auszeichnet. Die aufgezeichneten Probleme dürften sich mittlerweile trotz des Baubooms noch verschärft haben:

    https://www.ifh.wiwi.uni-goettingen.de/veroeffentlichungen/2016/verbleib-und-abwanderung-aus-dem-handwerk-die-arbeitsmarktmobilitaet-von-handwerklichen-nachwuchskraeften.html

    Und dann gibt es noch das „Spezialproblem“ der Berufsschulen. Manche Berufe so selten bzw. manche Landstriche sind so dünn besiedelt, dass die Betriebe zwar ausbildungswillige und -reife Jugendliche gewinnen können, aber das Land die Jahrgänge von zwei Berufsschulen zusammen legt und Anreisen von 170 Kilomtern (!) nötig werden würden. Und um das Problem noch einmal zu verschärfen hat man statt auf Block- auf Wechselunterricht umgestellt.. So in meinem Bekanntenkreis in Meck-Pomm geschehen. Der Sohn wollte Tischler werden, wird aber wohl jetzt an der FOS das Fachabitur machen und danach einen Ingenieursstudiengang wählen.

    Was in Ostdeutscland ein verbreitetes Problem ist, findet so aber auch in westdeutschen Gegenden statt. Im Hunsrück gibt es Ortsgemeinden die haben 30 Prozent Leerstand und einen Altersdurchschnitt der 15 Jahre und mehr über dem Landesschnitt liegt. Da sind mittlerweile Prozesse in Gang gekommen die einfach nicht mehr umkehrbar sind. Im Westen fährt man nach Trier oder Luxemburg, im Osten nach Meinz oder Wiesbaden und in der Mitte arbeitet man beim Flughafen Hahn, als Landwirt, in der Pflege oder ist Rentner.

    Apropos Pflege: Fast die Hälfte der seit 2000 examinierten Pflegekräfte hat den Beruf verlassen, gleichzeitig hatte die Pflege noch nie so viel Zulauf wie heute. Attraktivität des Berufs scheint solange gegeben wie man die Realitäten nicht kennt. Wo sind die Pflegekräfte also hin? Ein Teil ist an die Hochschulen gegangen, ein anderer in den Bereich der Heilmittelentwicklung, Medizinische Software, Pharmakologie, Rettungsdienst, ins Ausland oder in ganz andere Berufe. Die Menschen lieben was sie tun, aber solange in der klinische Pflege neun Nachtschichten am Stück ohne freien Tag möglich sind, würde auch eine weiter angehobene Vergütung nichts ändern. In der Intensivpflege bei einem Maximalversorger sind diese schon bei deutlich über 4.000 Euro, als Atmetherapeuth mit entsprechender Erfahrung auch noch viel mehr. In Pflegeheimen oder den kleinen Basisversorgern die oft nur Chirurgie, Innere und Geriatrie haben sieht das anders aus, aber die sollten aus Patientenschutzgründen sowieso geschlossen werden. Wenn man den Prognosen glaubt, brauchen wird die Pflege bis 2030 mit mindestens 1,4 Mio. Pflegekräften zzgl. Hilfs- und Führungspersonal der größte Sektor sein. Ausgebildet sind die alle schon…

    Andere Berufe, insbesondere in den Dienstleistungsbranchen mit weniger hohen Anforderungen, wie z. B. Hotel und Gastro haben gerade Tarifabschlüsse mit 40 prozentigen Lohnsteigerungen und bekommen trotzdem kein Personal weil die Mitarbeiter offenbar die Wertschätzung in ihren neuen Betätigungsfeldern als wohltuend erfahren. Den Speditionen geht es ähnlich, der Verteilverkehr mit abendlicher Heimkehr ist wohl attraktiver als das zugeschissene Loch an der Raststätte Kleinkleckersheim.

    In der IT ist der Zug für die nächsten 30 Jahre abgefahren, daran werden auch so lustige Pseudoaktivitäten wie sie die Bundesagentur für Sprunginnovation anstrebt nichts ändern. Der digitale Analphabetismus ist so tief in der Verwaltung und den Lehrkörpern verwurzelt, dass überhaupt nicht genug Schüler die Basis für ein Exzellenzcluster bilden könnten. Dazu kommen dann noch weitere Probleme wie fehlende Gründermentalität. Da helfen auch keine schmalspurigen Möchegerninvestoren die wirken als hätte man Elon Musk auf Wish bestellt.

    TL,DR: Aber nun zu meinem Punkt. Ich bestreite noch immer dass es einen sehr breiten Fachkräftemangel gibt, sondern ein sehr großer Teil der vorwiegend Dienstleistungsbranchen einen Mangel an Attraktivität hat und wir insgesamt durch das Ausbildungssystem und das anerzogene Sicherheitsbedürfnis einen Mangel an Arbeitsmarktmobilität. Hubertus Heil sagte im t3n Podcast lebenslanges Lernen sei für viele Menschen eine Bedrohung und keine Perspektive. Gleichzeitig scheint es für die Unternehmer diverser Branchen auch keine Option zu sein Fachkräfte aus dem Binnemarkt einzustellen wenn diese nicht bereits Deutsch können oder Schüler die nicht den besten Abschluss haben aufzuqualifizieren. Insbesondere das Handwerk hätte über die Kammern und die Innungen hervorragende Instrumente in der Hand um in Zusammenarbeit mit den Schulen entsprechende Programme aufzulegen die passgenau ausbildungsreife Jugendliche ausspucken. Auf der anderen Seite stellen die Exporteure, die laut Ulrike Herrmann nur 6 Prozent der Unternehmen aber 90 Prozent der Wertschöpfung ausmachen, noch immer den Kern des deutschen Erfolgs. Statt zu fragen wie wir weiter billiges Menschenmaterial für die mittelmäßig begabten Unternehmer herankarren können, wäre die wesentlich wichtere Frage wie wird die für diesen Erfolg relevanten Teile der Wirtschaft (Industie, Handwerk, Gesundheit, Logistik, Energie und Infrastruktur) Boomerfest bekommen. Denn selbst wenn neue Arbeitskräfte durch weiteren Zuzug herkommen, werden diese sicher nicht in die Rhön, den Hunsrück oder den Oderbruch ziehen.

  2. Hannah Hannah

    Hallo Titus,

    danke für die ausführlichen Ergänzungen. Dass man ausgerechnet mich hier nochmal in die unternehmensnahe Ecke stellen würde, hätte ich ja nicht erwartet 😉 Tatsächlich sehe ich hier aber keinen Widerspruch zu dem was ich dem Sachverständigenrat kritisch entgegensetzte. Also ja, Entlohnung und Attraktivität ist in vielen Branchen sicher ein Problem, gerade im Handwerk aber auch Pflege, Kinderbetreuung etcpp. Und die mangelnde Mobilität zeichnet ja den gesamten deutschen Arbeitsmarkt als extrem bräsig aus. Allerdings bleibt ja die Frage, was machen die Leute denn dann wenn sie nicht Metzger oder Frisörin werden. welche Leute schlagen sich im Vermittlungsgap nieder und welche eher in steigenden Studierendenzahlen? Da wäre meine These, dass der qualifiziertere Teil der Schulabgänger*innen, der die Entlohnung und Möglichkeiten vermisst möglicherweise eher ein FH-Studium macht o.ä. und nicht unbedingt die sind, die dann im zu beobachten sind, den der SVR monierte. Da spielen natürlich die regionalen Aspekte eine Rolle, das wird da stark mit rein spielen – unklar allerdings wie das zu beheben ist. Die Frage der Anerkennung von informellen und ausländischen Vorkenntnissen hatte ich ja angesprochen, das finde ich auch ein großes Problem. Allerdings sehe ich die Mängel in der Ausbildbarkeit auch nicht als wegwischbar. Ich kann da von anderer Warte berichten: die Unis und FHs beklagen sich ja auch über deutliche Mängel bei Schulabgänger*innen bzgl. der Studierfähigkeit, ich finde völlig plausibel, dass sich das auch in Ausbildungsgängen niederschlägt. Was mich aber ja vor allem störte und ich glaub, da sind wir uns auch einig ist die Verengung des SVR der „Fachkräfte“ auf IT-Berufe und da auch auf Studierte. Also der Ruf nach Weiterbildung im Zertifikatsstudium. Das greift aus meiner Sicht viel zu kurz. Einerseits weil gerade in IT-Berufen natürlich die Entlohnung von Azubis krass niedrig ist im Verhältnis zu Branchenlöhnen, dann auch weil die Quereinsteigerquote in den Berufen überdurchschnittlich hoch ist und aber vor allem, weil die Herausforderungen der Zukunft beileibe nicht nur Fachinformatiker benötigen. Sondern sehr viele Handwerksgewerke. Elektriker, Anlagenbauer, Heizungsfachleute, Dämmungsexperten, Dachdecker, uswusf. Hier müsste man jetzt ganz verstärkt rekrutieren, wo nötig auch nachbeschulen, Umzüge bezahlen, Löhne erhöhen etcpp. Da ist ja gerade schon der Engpass spürbar. (Wenn es weniger Metzger gibt ist das bei steigender Vegetarierquote ja quasi ein transitives Problem 😉

    In diesem Sinne, danke, ja alles richtig.

    Hannah

    • Titus von Unhold Titus von Unhold

      Wenn ich dich in die unternehmensnahe Ecke gestellt habe, tut mir das leid. ^^

      Die Menschen die nicht das Metzger- oder Frisörhandwerk erlernen bzw. Gastronom werden, landen idealerweise in einem anderen Beruf mit besserer Bezahlung und noch besseren Arbeitsbedingungen. Die Wertschöpfung je Mitarbeiter in der Gastro liegt halt bei lediglich 22.000 Euro, insofern ist es aus Volkswirtschaftlicher Sicht nur wenig relevant wenn dort ein großer Teil der Arbeitsplätze wegfallen würde. Die Vermieter in den Innenstädten werden schon nicht am Hungertuch nagen.

      Die Wirtschaft™ jammert sehr laut, liefert aber selbst keine Lösungen weil sie vorgeblich diversen Zwängen unterliegt. Dabei hat niemand anders als der Unternehmer es in der Hand Arbeitsbedingungen und Löhne zu bestimmen. Insofern darf man die Wirtschaft™ dort überhaupt nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, sondern sollte ein bisschen mehr auf sie draufschlagen.

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